Noch immer geschockt von den Geschehnissen am vergangenen Sonntag nach dem Spiel unserer SpVgg bei Arminia Bielefeld und verärgert über das Ausmaß des Polizeieinsatzes möchten wir nach gründlichem Zusammentragen der Vorfälle unsere Sicht der Dinge darlegen. Bereits vor Anpfiff des Spiels wurden seitens der Polizei gegenüber den wartenden Gästefans vor dem Stadion Aussagen wie „Nach dem Spiel werden wir uns noch sehen“ geäußert. Nachdem unsere Mannschaft sportlich mit 1:4 unter die Räder gekommen war, machte sich die etwa 80 Personen umfassende Gruppe auf den Weg zurück Richtung des Doppeldecker-Busses. Dort angekommen verweilte ein Teil der Busbesatzung noch vor selbigem, um einige Gäste zu verabschieden und etwas frische Luft für die Heimfahrt zu schnappen. Bereits hier wurde von bestimmten Polizisten immer wieder aggressiv reagiert, als bspw. mit einem am Boden liegenden Tetrapack Fußball gespielt wurde. Im Allgemeinen war die Situation bereits zu diesem Zeitpunkt von einer Grund-Aggressivität der eingesetzten Beamten geprägt.
Kurz vor der geplanten Abfahrt des Busses hatten sich einige leere Tetrapacks, sowie zwei Müllsäcke auf dem Gehweg und dem angrenzenden Gebüsch gesammelt. Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass es für den gesamten Bereich des Gästeparkplatzes keinerlei Mülltonnen gab, in welche dieser hätte geworfen werden können. Nach einiger Diskussion zog die Polizei plötzlich eine Person aus unseren Reihen heraus und wurde umgehend in eine circa ein Quadratmeter große, transportable Zelle eines Polizeiwagens geschafft, wo die Person über zwei Stunden lang ausharren musste. Nach Einbruch der Dunkelheit wurden durch zwei Beamte, welche sich im vorderen Bereich des Zellenfahrzeugs befanden, die Lichter in der Zelle immer wieder ein und ausgeschalten, um die Person dementsprechend zu verunsichern und einzuschüchtern. Entgegen der Stellungnahme der Polizei kam es von unserer Seite nach der Aufforderung den Müll zu beseitigen nicht zu Fußtritten o.ä. gegen die Beamten. Für uns bestand keinerlei Anlass in dieser Form zu reagieren, da wir bereits vollständig im Bus waren und endlich die Heimreise antreten wollten. Die Darstellung der Bielefelder Polizei verwundert jedoch angesichts der Tatsache, dass ein unverhältnismäßig gewalttätiger Eingriff aufgrund von Mülltüten gerechtfertigt werden muss, nicht.
Währenddessen baute die Polizei ein immer größeres Bedrohungsszenario auf, indem sich entsprechend vor dem Bus postiert wurde und bereits hier mehrere Provokationen gegenüber der Insassen stattfanden. Daraufhin wurde seitens der Polizei die Forderung gestellt, dass alle Mitfahrer den Bus für eine Personalienfeststellung zu verlassen haben. Sollte nicht Folge geleistet werden, würden die Beamten den Bus einer sofortigen Zwangsstürmung unterziehen.
Auf ein umgehendes Angebot unsererseits, alle Personalien gebündelt heraus zu geben, wurde von der Polizei nicht eingegangen. Der Aufforderung, den Bus zu verlassen wurde daraufhin nicht Folge geleistet, da zu vermuten war, dass die aggressiv auftretenden Polizisten nicht nur alle Personalien feststellen, sondern auch weitere Menschen gezielt aus der Gruppe herausziehen wollten. Aufgrund dessen entschied sich die Polizei mit Helmen, Schutzschildern und Gummiknüppeln sowie einer angelegten Schutzkleidung den Versuch zu wagen, den Bus zunächst an der vorderen Tür zu stürmen, um dabei willkürlich Leute, welche sich lediglich in der Nähe des Türbereichs aufhielten, aus dem Bus zu ziehen. Dabei wurden neben Ohrfeigen auch immer wieder Faustschläge verteilt. Die Polizei schaffte es letztendlich in den Bereich des Fahrers mit drei Beamten durchzudringen. Im Zuge dessen konnte ein Polizist erkannt werden, der durch einen gezielten Faustschlag ins Gesicht die Personalien eines betroffenen Businsassen sprichwörtlich herausprügeln wollte. Aus einem weiteren Versuch, die hintere Tür zu stürmen, resultierten zahlreiche Verletzungen der Businsassen, welche bereits am Tag nach dem Spiel ärztlich attestiert worden sind und uns vorliegen. Im Zuge dieser Vorgehensweise ist es seitens der Polizei immer wieder zu gezielter Gewaltandrohung und Einschüchterungsversuchen gegenüber den Businsassen gekommen, sodass diese sich weiterhin dazu entschlossen den Bus nicht zu verlassen. Besonders beängstigend wirkte das demonstrative Schütteln der Pfefferspraydosen, da es bei einem Einsatz in den Bus durch die fehlende Lüftung sicherlich zu starker Atemnot gekommen wäre.
Aufgrund des späteren Eintreffens unseres Fanbeauftragten sowie diverser Pressevertreter zog sich die Polizei im Laufe des Geschehens zeitweise zurück.
Im weiteren Verlauf wurde sich nach einem Gespräch zwischen der Anwältin des „Weiß-Grünen Hilfefonds“ und der Einsatzleitung der Polizei darauf geeinigt, den Bus nach mittlerweile knapp 5 Stunden Aufenthalt auf dem Gästeparkplatz auf ein beleuchtetes Anwesen auf dem Polizeipräsidium zu fahren, wo alle Insassen sich ausweisen müssten. Im Gegenzug erklärte die Polizei, dass keine weiteren Personen aus der Gruppe herausgezogen würden.
Auf dem Revier angekommen stand nun neben der normalen, den Bus begleiteten Einheit, auch ein Zug der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) vor diesem und bildete ein Spalier vor selbigem. Einzeln wurde jeder Insasse von jeweils zwei Beamten abgeführt, wobei auch hier stets unverhältnismäßig gehandelt wurde. Auf Bitten, doch nicht beide Arme mit voller Kraft zuzudrücken bekamen viele Menschen aus unserem Kreis wahlweise Zitate wie „Halt die Fresse!“, „Fick dich!“ oder „Noch ein falsches Wort und ich prügel‘ die Scheiße aus dir raus“ zu hören.
Nachdem jede Person komplett durchsucht und deren Personalien festgestellt worden waren, wurden alle nach und nach in eine Gefangenen-Sammelzelle, welches sich als eine etwas größere Garage im Außenbereich des Präsidiums entpuppte, gebracht, wo die Betroffenen teils stundenlang ohne Getränke und Sitzmöglichkeiten ausharren mussten. In selbiger kam es immer wieder zu direkten Gewaltandrohungen seitens verschiedener Polizisten gegenüber Einzelpersonen, sowie einer kleinen Gruppe, die dort anfangs nur untergebracht war. Personen, die während der Ingewahrsamnahme eine Toilette aufsuchen wollten wurden von Polizisten bis zur Toilettentür begleitet, welche auf Anweisung der Beamten nicht abgeschlossen werden durfte. Besonders in Erinnerung blieb jedoch das Auftreten eines Beamten, gegen welchen wir uns rechtliche Schritte vorbehalten. Dieser drohte stets unverhohlen mit Gewalt („ich prügel euch alle windelweich“, „kommt nur nochmal nach Bielefeld, dann erlebt ihr was“, „wenn ich dich auf den Videos wieder sehe, bist du dran“), während einige seiner Kollegen wahllos Leute aus der Zelle herauszogen und diese einer Erkennungsdienstlichen Behandlung (ED) unterzogen, was ebenfalls, wie auch das Fotografieren sämtlicher Personen, gegen das zuvor ausgehandelte Vorgehen zwischen Anwältin und Einsatzleitung verstieß. Des Weiteren zog eine Gruppe von zwei BFE-Beamten eine weitere Person heraus und verbrachte sie in eine für uns nicht einsehbare Ecke, wo diese gewürgt und der Kopf gegen die Wand gedrückt wurde. Mit den Worten „Noch so ne Aktion und wir hauen dir aufs Maul“ sorgten diese dafür, dass das Angstklima in einem abgesperrten Raum auf einem Polizeirevier hilflos teils vollkommen verrückten Beamten ausgesetzt zu sein, erheblich anstieg.
Unterdessen wurden die minderjährigen Jugendlichen getrennt von der restlichen Gruppe durchsucht und teils versucht, diese zu einer Aussage zu zwingen. Dabei wurden die Betroffenen zu keiner Zeit über ihre Rechte während der Befragung aufgeklärt und sogar teils durch rassistische Beleidigungen (Zitat eines Beamten: „Du Kanacke“) eingeschüchtert. Des Weiteren kam es zu Einschüchterungsversuchen per Telefon gegenüber den Eltern der Minderjährigen, indem vielfach Lügen über unsere Gruppe verbreitet und im Zuge dessen der Umgang mit „ solchen Chaoten“ als höchst schädlich deklariert wurde.
Gegen 23 Uhr (fast 7 Stunden nach Spielende) wurden die Insassen schließlich zurück zu den Bussen geführt, welcher bis nach Fürth von einzelnen Polizeiautos begleitet wurde und dort gegen 5 Uhr ankam.
Rückblickend verurteilen wir die polizeilichen Handlungen als vollkommen unverhältnismäßig und behalten uns rechtliche Schritte gegen eingesetzte Polizisten vor. Zusammenfassend versuchte die Polizei insgesamt drei Mal gewaltsam in den Bus einzudringen und hielt uns über insgesamt 7 Stunden fest, wobei viele Leute erste gesundheitliche Probleme bekamen, da diese entweder über einen längeren Zeitraum weder etwas zu essen, noch zu trinken hatten und zuvor beim Festhalten derartig unerträgliche Verhältnisse herrschten, dass Wasser von der Decke tropfte und eine kaum auszuhaltende Hitze die Folge war. Anzumerken ist ebenfalls, dass die Polizei zuvor die Getränkekästen gezielt aus dem Bus gestohlen und diese Maßnahme damit gerechtfertigt hatte, dass diese auf Beamte geworfen werden könnten. Auch die beiden Busfahrer wurden von den Einsatzkräften massiv bedroht und durch die Einsatzleitung lange Zeit angehalten, die Lüftung nicht einzuschalten. Erst mit dem Eintreffen des Fankoordinators der Spielvereinigung durfte die Lüftung innerhalb des Busses wieder eingeschalten werden.
Ebenfalls erwähnenswert ist, dass bei vermehrter Anfrage nach der Dienstnummer verschiedener Beamten diese jener nicht nachkamen, obwohl eine Verpflichtung dahingehend vorliegt. Stattdessen wurde mit Beleidigungen geantwortet. Dies ist ein weiteres Beispiel wie durch eine fehlende Kennzeichnung der Polizisten eine Intransparenz geschaffen wird, welche die Nachverfolgung einer Straftat im Amt beinahe unmöglich gestaltet.
Doch viel schwerer als alle Vorfälle am Bus wog das Handeln und Auftreten nach dem Verbringen der Businsassen auf das Polizeirevier. Im Schutze der Anonymität wurden Verletzungen billigend in Kauf genommen (Arme zudrücken, Würgen, Kopf gegen die Wand schlagen, Faustschläge auf verschiedene Körperregionen etc.) und so ein sehr großes Angstklima verbreitet, da niemand in der Lage war abzusehen, wie weit seitens der Polizei noch gegangen würde, um uns zu schaden und zu demonstrieren, wer das Gewaltmonopol inne hat. Aus Gesprächen verschiedener Beamter konnte herausgehört werden, dass die sehr aggressive Haltung vieler eingesetzter Polizisten damit zu tun hätte, dass Dresdner Fans eine Woche vorher insgesamt 17 Einsatzkräfte verletzt hatten und niemand als Täter identifiziert werden konnte. Es drängt sich hier der Verdacht auf, dass die Bielefelder Polizei, nachdem sie am vergangenen Spieltag mit den Vorfällen seitens der Dresdner Anhänger vollkommen überfordert gewesen war, bei unserer verhältnismäßig kleinen Gruppe von etwa 80 Personen versuchte zu zeigen, wie handlungsfähig sie ist. Auch Rachepläne für die verletzten Polizisten können angenommen werden und wurden auch in verschiedenen mitgehörten Gesprächen indirekt zugegeben, wofür auch spricht, dass sich mehrere Beamte darüber freuten, wie sehr sie beim Einsatz am Bus Menschen mit Schlagstöcken und Tritten getroffen hatten. Folglich wurden wir an diesem Tag Opfer eines vollkommen überzogenen und gegen den rechtsstaatlich verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit polizeilichen Handelns verstoßenden Einsatz der Bielefelder Polizei, über dessen Hintergründe wir zwar nur mutmaßen können, welchen wir aber in seiner Vollkommenheit und vor allem wegen seines Anlasses (zwei Mülltüten und einige Tetrapacks auf dem Gehweg) verurteilen.
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Horidos 1000, Entourage, Stradevia 907 im Dezember 2013